Die Trajan-Schrift – römischer Stolz gepaart mit zeitloser Eleganz

Bei der Schriftauswahl muss es nicht immer pompös und schnörkelig zugehen. Neben serifenlosen Schriften, wie Arial oder Helvetica, gibt es wunderbare Serifen-Schriften, die durch Schlichtheit und zeitlose Eleganz glänzen. Dies beweist die Schriftart Trajan. Nicht ohne Grund gilt sie als eine der schönsten und monumentalsten Schriften überhaupt im riesigen Universum der Typen und Fonts.

Carol Twombly entwickelte 1989 die Trajan-Schrift für den Softwarehersteller Adobe, der diese dann sehr erfolgreich vermarktete. Diese Trajan-Schrift ist in erster Linie eine Schrift für Auszeichnungszwecke, der ausschließlich über Versalien (Großbuchstaben) verfügt. Kreative aus Hollywood verwendeten sie zwischen 1998 und 2008 auffällig häufig, ja fast schon inflationär für Filmplakate jeglicher Genres – ob thematisch passend oder nicht. Sie galt sogar als „Ticket“ zum Oscar – der höchsten Auszeichnung in der Filmwelt. Doch auch die Politik machte sich im Rahmen der Präsidentschaftskandidatur von Mitt Romney die Ausstrahlung der Trajan ganz bewusst zu eigen. Im Bereich des Drucks (Buchtitel) und der CI von Bildungseinrichtungen (Universität Bologna) ist sie ebenso als Auszeichnungsschrift vertreten und versprüht hier einen Hauch von elitärem Stolz. Doch zurück zum Ursprung.

Vom Monument auf den Bildschirm

Die Trajan-Schrift in ihrer digitalen Form, wie wir sie heute kennen, geht auf die Capitalis monumentalis zurück, ist sozusagen von ihr inspiriert. Schon die alten Römer schätzten ihren klaren und schlichten Schriftschnitt, der sich, vorgezeichnet mit einem Pinsel, leicht mit Hammer und Meißel auf Stein übertragen ließ. Auf dekorative oder funktionelle Elemente wurde dabei verzichtet. Die Capitalis monumentalis fand im Römischen Reich ab etwa 700 v. Chr. für die Beschriftung von Monumenten breite Verwendung. Sie ist eine reine Majuskelschrift und besteht demnach nur aus Großbuchstaben. Die Formen der Buchstaben basieren auf den Proportionen eines Quadrats oder werden von ihm abgeleitet. Das verleiht dieser Schrift eine optisch perfekte Klarheit und wirkt auf den Betrachter „rund“ und elegant.

(Der Name „Trajan“ verweist auf eine beschriftete Ehrensäule für Kaiser Trajan aus dem Jahre 112/113 n. Chr.)

Der Name „Trajan“ verweist auf eine beschriftete Ehrensäule aus dem Jahre 112/113 n. Chr., die die Römer zu Ehren des gleichnamigen Kaisers in Rom errichteten. Twombly nutzte diese Inspiration und entwickelte auf Grundlage der Schrift auf der Trajan-Stehle eine digitale Version. Da allerdings einige Buchstaben fehlten, ergänzte sie diese einfach selbst. Damit steht Twombly in einer langen Tradition von Künstlern und Mathematikern, die über Jahrhunderte versuchten, der Schönheit und Perfektion der römischen Schriften auf die Schliche zu kommen und sie weiterzuentwickeln.

Verbreitung und heutige Verwendung der Schrift

Heute existieren sechs verschiedene Schriftschnitte der Trajan, auch griechische und kyrillische Buchstaben zählen jetzt zur Schriftfamilie. Eine Neuerung, die Trajan Pro, bietet seit dem Jahr 2001 dem Anwender sogar Kapitälchen zur Verwendung als Kleinbuchstaben an. Alles in allem bleibt die Trajan aber eine reine Auszeichnungsschrift für Werbe- und Präsentationszwecke. Trotz ihrer scheinbar inflationären Nutzung innerhalb Hollywoods hat die Trajan-Schrift bis heute nichts von ihrem monumentalen Charakter eingebüßt und glänzt bei einer zurückhaltenden und punktuellen Verwendung.

via

http://www.laboiteverte.fr/photo-mystere-n256/
http://typejournal.ru/en/articles/The-Trajan-Letter-in-Russia-and-America
https://schriftgestaltung.com/schriftlexikon/schriftportrait/trajan.html

Ilona Gachot:
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